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Eine Anleitung zum „Nicht Verzetteln“ – der Multipipe-Ansatz

Erst 360°, dann Integriert und jetzt Multichannel. Brand Manager im Pharma Marketing sind nicht zu beneiden. Während die Ansätze auf immer punktgenauere Kommunikation abzielen, wird das Handling kaum noch steuerbar. Eine fokussierte Ansprache fällt dem Workload zum Opfer, wodurch dann doch wieder nach dem Gießkannenprinzip verfahren wird. Wie man fokussierte Botschaften erarbeitet, ohne dabei den Blick für das große Ganze zu verlieren, beschreibt dieser Artikel.


Der Multipipe-Ansatz ist die Weiterentwicklung von Multichannel (siehe Abb. 1): Weg von der Betonung auf „Channel“ hin zu fokussierteren „Botschaften“. Um das zu erreichen, macht der Multipipe-Ansatz drei Dinge ganz besonders anders. Erstens: er ist flexibler und interagierender. Zweitens: Er nimmt sich die Cus­tomer Journey zur Grundlage und bricht diese nach dem 4C-Prinzip (siehe Abb. 2) auf. Damit können die relevanten Hürden im Entscheidungsprozess identifiziert und mit fokussierten Botschaften Schritt für Schritt adressiert wer­den.

Diese beiden Aspekte sind für gute Multichannel-Kampagnen heute unerlässlich. Das führt aber zu mehr Komplexität in der Aus­gestaltung einer Multichannel- Kampagne. Um diese Komplexität in den Griff zu bekommen, kommt der dritte Aspekt ins Spiel: Der Multipipe-Ansatz tritt für ein pragmatisches, operationalisierbares Vorgehen ein und teilt das große Ganze in kleine, überschau­bare Einheiten auf. Es hält unter anderem mit der Touchpoint Card ein Tool bereit, dass dem Brand Manager hilft die Strategie leichter in die Tat umzusetzen.

von_multichannel_zu_multipipeAbb. 1: Viele Multichannel-Ansätze sind durch ihre Betonung auf „Channel“ immer noch recht starr und verfolgen das Prinzip „Druck & Masse“. Multipipe setzt dagegen beim „Inhalt“ an: Die richtige Botschaft zur richtigen Zeit über den richtigen Kanal zu senden, ist die Maxime. Der Multipipe-Ansatz ist als Workshop aufgebaut und geht in drei Arbeitsschritten vor.

Es kann nur einen geben

Damit ist der erste wichti­ge Punkt beim Aufsetzen einer Multichannel-Kampagne bereits angesprochen: Bei erfolgreichen Multichannel-Projekten ist der Brand Manager der Hauptverantwortliche. Zum einen, weil kaum einer das Projekt, den Markt, das Produkt, die Zielgruppe, die Cus­tomer- und Patient Journeys sowie die Kampagnenzyklen und -miles­tones so gut im Blick hat, wie er. Zum anderen wirken Multichannel- Kampagnen nicht im Elfenbein­turm. Sie entfalten zunächst im echten Markt ihre Kraft und erst dann im Headquarter. Dazu benö­tigt es gute Kenntnisse der lokalen Gegebenheiten. Somit hat sich die Aufgabe des Brand Managers kaum verändert, es ist das, was er schon immer gemacht hat: Kampagnenmanagement. Nur eben komplexer.

Daneben ergibt sich die erweiterte Rolle des Brand Managers als Moderator. Multichannel erstreckt sich über mehr Kanäle als bisher und häufig liegt das Budget dazu nur in Teilen in der Verantwortung des Brand Managers. Auch hat er durch die neu hinzugekommenen Kanäle nur in Teilen die erforderli­che Kenntnis, um alle Maßnahmen richtig planen und durchführen zu können. Er ist auf die Hilfe anderer angewiesen und muss die Beteilig­ten an einen Tisch holen. Gleich­zeitig trägt er in einigen Aspekten aber auch die volle Verantwortung, nämlich für die Elemente, die er bisher auch schon betreut hat und in die Multichannel-Kampagne mit einbringt.

Der Brand Manager muss sich daher seiner Doppelrol­le als Moderator und Akteur be­wusst sein. Dies ist eine durchaus komplexe Rolle, denn gute Multi­channel-Kampagnen leben davon, Maßnahmen zusammenzuführen und in Beziehung zu setzen. Was bisher als Einzelmaßnahme autark agiert hat, muss jetzt interagieren.

4c_prinzip
Abb. 2: Das 4C-Prinzip

Workshops konzipieren – aber bitte den Außendienst nicht vergessen!

Am erfolgreichsten wird man, wenn man die Multichannel-Kampagnen zum Gemeinschaftsprojekt macht. Dafür bietet sich ein Ganztagesworkshop an. Brand Manager sollten versuchen, alle Abteilungen und Disziplinen an einen Tisch zu bekommen. Dazu können Corporate Communication, Medical, digitale Spezialisten aber auch Verantwortliche aus dem Headquarter wichtig sein. Ziel muss es sein, Erfahrungen und das Wissen über Do’s and Dont’s sowie die Kenntnis über die Zielgruppe an diesem Tag zu versammeln.

Dabei sollte eine Gruppe, die die Ärzte sehr gut kennt, bei Multichannel-Projekten nicht ver­gessen werden: die Außendienst- Mitarbeiter. Das größte Problem ist allerdings, dass Multichannel vom Außendienst oft als Substitution und Bedrohung verstanden wird. Dabei ist eine Multichannel-Kampane kein Außendienstersatz, sondern eine Ergänzung. Mit dieser Erkenntnis muss der Brand Manager den Außendienst zum Workshop lotsen, denn sie liefern in den Workshops oft sehr inter­essante Insights, mit denen eine deutlich treffendere Ansprache z.B. von Ärzten stattfinden kann. Außendienstlern fällt es oft viel leichter, Hürden und Barrieren der Zielgruppe zu nennen und bereits „überwindende Botschaften“ zu formulieren. In der Moderation muss der Brand Manager dann im­mer ausloten, ob es sich bei den Erkenntnissen um Einzelerlebnisse oder Massenphänomene handelt.

Mit diesem Teilnehmerkreis lassen sich im ersten Teil des Workshops Segmentierung und Botschaften sehr gut herausarbeiten. Hilfreich ist dabei eine Systematik, die anschaulich ist und das Denken strukturiert, wie etwa das 4C-Prinzip aus dem Mul­tipipe-Ansatz.

Eine Mischung der Abteilungen ist besonders fruchtbar

Der zweite Teil des Workshops wird schließlich interaktiver gestaltet. Hier steigt der Brand Manager mit dem gesamten Team in die Kampagnenplanung ein und hinterfragt, wie die eben erarbeiteten Botschaften zur richtigen Zeit über die richtigen Kanäle an die Zielgruppensegmente gelan­gen können. Dabei wird es sehr konkret: Die Teilnehmer werden in disziplinübergreifende Gruppen aufgeteilt und gebeten, sich z. B. auf einzelne Kanäle oder Zielgruppensegmente zu konzentrieren. Dabei ist eine Mischung der Abteilung besonders fruchtbar, da Fachfremde oft sehr spannende Impulse geben, denn sie denken ohne Restriktionen. Aufgabe ist es, einen Kampagnenplan (zeitlich) aufzusetzen. Hier geht es um Ideen, Konzepte und einen Maßnahmenkatalog. Jede Einzelmaßnahme – im Multipipe Ansatz „Touchpoint“ genannt – wird auf einer Touchpoint Card konkretisiert.

Wichtig ist, dass der Brand Manager den zeitlichen Kampag­nenplan im Vorfeld gut vorberei­tet: Wann startet die Kampagne? Welche Maßnahmen sind bereits geplant (Mediabuchungen, Kongresspräsenzen)? Welche Milesto­nes gibt es? Gibt es Content-Re­lease-Dates (z. B. die Vorstellung neuer Studiendaten)? Welche Ma­terialien stehen schon zur Verfü­gung? Bereits an diesem Punkt wird mancher überrascht sein, wie viel Synergien sich ergeben und wie viel Material für die spätere Multichannel-Kampagne schon vorhanden ist.

In den Gruppen lässt sich das Denken dann durch die Multipipe- Touchpoint Cards strukturieren.

Hiermit können Einzelmaßnahmen auf der Konzeptebene und mit klarer Empfehlung für die Um­setzung ausgearbeitet werden. In den Touchpoint Cards wird für jede Kampagnenmaßnahme die Bot­schaft (1), das Ziel (2), der call to action (3), die gewünschten KPIs (4) und das verfügbare Budget (5) abgetragen (siehe Abbildung 3). Man entwickelt somit konzen­triert und in kleinen Schritten, um schließlich das große Ganze zusammenzusetzen.

touchpoint_cardAbb. 3: Mit Multipipe-Touchpoint Cards können Einzelmaßnahmen auf der Konzeptebene und mit klarer Empfehlung für die Umsetzung ausgearbeitet werden.

Das Gesamtbild: Ist die Customer Journey geschlossen?

Als Abschluss der Gruppenarbeiten positionieren die Teams mit der Unterstützung des Brand Managers ihre Touchpoint Cards auf dem vorbereiteten Kampagnenplan und lassen ein Gesamtbild der Maßnahmen entstehen. Im letzten Workshop-Schritt zeigt sich dann, ob die Customer Journey geschlossen ist: Wo sind Lücken, wo fehlen Übergänge und Überleitungen, greifen die Maßnahmen ineinander, wo doppeln sich Bot­schaften und Maßnahmen und sind somit redundant, wo können durch Zweitverwendung von Maßnahmen Synergien genutzt werden? So steht schließlich ein vollständiger Kampagnenplan, der durch die flexiblen Touchpoint Cards bei Bedarf leicht umgestaltet werden kann. Dieser Plan ist einerseits abstrakt genug, um das Freigabe vom Management zu erhalten, an­dererseits aber für die einzelnen Disziplinen und Beteiligten auch konkret genug, um die Maßnah­men auszuarbeiten bzw. Aufträge (z. B. Briefings) abzuleiten.

Man wundert sich, wie weit man an einem Workshop Tag kommen kann. Mit guter Vorbereitung durch den Brand Manager und einem Ansatz, der konkrete Ergebnisse liefert, ist eine zeitgemäße Multichannel-Kampagne auch zu stemmen.

Michael Vorbrink
Head of Campaigning

Dieser Artikel erschien in der „Pharma Relations“ – Ausgabe 10/16.

Veröffentlicht: 15. November 2016 // antwerpes


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